Pressestimmen:
Schwäbisches Tagblatt, 21. Mai 2007
Uhland on the road
Vertonte Lyrik mit „Eduards Erben“ im LTT
TÜBINGEN
(Annette Grüninger).
Mörike rockt. Uhland groovt. Und der
romantische Rebellendichter und ehemalige Tübinger Stiftler Wilhelm
Waiblinger hat den Blues.
Keine Totengräber der Kultur wollen Rupert
Hausner, Bernhard Mohl, Christian Ther und Christian Schlegel sein. Die
vier Tübinger Musiker verstehen sich als „Eduards Erben“,
als findige Nachlassverwalter der schwäbischen (und speziell Tübinger)
Geistesgrößen, die beim romantischen Liederabend am Donnerstag
in der LTT-Werkstatt nicht nur „unsern Eduard“ vom Sockel herab
ins Hier und Heute holten.
Denn für die Erbengemeinschaft haben Eduard Mörike und Ludwig
Uhland, Friedrich Schiller und Friedrich Hölderlin, Justinus Kerner
und Christian Friedrich Daniel Schubart bis heute nichts von ihrer sprachlichen
Kraft eingebüßt: „Diese kreative Dichterdichte ist schon
frappierend“, sprach LTT-Schauspieler und Sänger Rupert Hausner
sein „Lob aufs Ländle“ aus.
Nirgendwo sonst findet man schließlich so viele kluge und kreative
Köpfe als im Württemberg des ausgehenden 18. und beginnenden
19. Jahrhunderts - auch wenn man sich musikalisch lieber auf die Dichter
beschränken und die Denker beiseite lassen wolle: „So eine Abhandlung über
Moral und Vernunft“, findet Hausner, „groovt einfach nicht.“
So ein Mörike-Gedicht dafür um so mehr. Komponist Bernhard Mohls
einfallsreich vertonte Lyrik berührt unmittelbar, geht ans Herz -
und in die Beine. Denn wenn Percussionist Christian Schlegel mit Händen
und Füßen seine an eine Holzkiste erinnernde Cajón bearbeitete, „Jung
Volkers Lied“ mit feurigen Flamenco-Rhythmen unterlegte und Hausner
dazu in Ricky-Martin-Manier lasziv die Hüfte schwang - dann konnten
auch die knapp 50 Zuschauer nicht umhin, die Beine in Takt und Metrum mit
zu wippen.
Virtuos vermögen die Tübinger Musiker die vielfältigen Stimmungen
der Gedichte wiederzugeben. Einfühlsam etwa zeichnen Mohls Geige und
Christian Thers Gitarre den Spannungsbogen von Mörikes Sechszeiler „Septembermorgen“ nach:
Die aufsteigende Sonne durchbricht in piano den Nebelschleier, um sich
dann zu anschwellenden Klängen golden und „herbstkräftig“ zu
ergießen.
Uhlands „Abreise“ dagegen verwandelt sich in der Variante des
literarisch-musikalischen Quartetts in einen flotten Country-Song: On the
road again. Herrlich sehnsuchtsschwer nahmen sich Waiblingers „Lieder
aus Capri“ aus, für die Mohl seiner Geige sogar Mövenschreie
entlockte und Schlegel mit seiner meeresrauschenden Ocean-Drum einen stimmungsvollen
Geräuschteppich webte.
Da konnte man sie förmlich spüren, die Sonne Capris und den „heitern
Eros“ mitsamt den Grazien, die dem Aussteiger-Dichter „lächelnd
erscheinen“. Hin und wieder mal Urlaub für den Geist empfahl
auch Hausner zum Abschluss dem begeisterten Publikum: „Nehmen Sie
sich mal wieder ein Gedichtbändchen aus Ihrem Regal und schmökern
Sie darin - es lohnt sich.“
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